Unmöglich: Thearpie für Top-Manager

Der Aachener Psychoanalytiker Micha Hilgers machte sich in der Frankfurter Rundschau (16.10.2009) Gedanken zur „Mittelschichtorientierung“ der Psychotherapie.

Dabei konstatierte er zunächst, dass diese These stimme, weil die ambulante psychotherapeutische Behandlung als Voraussetzung „Sekundärtugenden“ wie Disziplin, Zuverlässigkeit, Frustrationstoleranz und Regelbewusstsein habe. Da diese „Sekundärtugenden“ bei den defizitären Sozialisationsbedingungen der Unterschichten nicht gegeben seien – insbesondere, weil immer weniger Geld in Bildung, Ausbildung und Sozial- und Jugendhilfe fließe (und stattdessen die gesundheitlichen Folgen dem Gesundheitssystem aufgebürdet würden) – sei es schwierig, das Hartz-IV-Milieu psychotherapeutisch zu betreuen.

Umgekehrt sei es auch schwer, Top-Manager von ihren seelischen Erkrankungen zu heilen: Top-Manager mit Jahreseinkommen von einer Million Euro und mehr sind es gewohnt, ihre Umgebung zu manipulieren und lehnen von daher die Psychotherapie ab. Außerdem befürchten die Reichen, dass der Lohnabstand zu ihren Therapeuten bei diesen Neid hervorruft, was einer Therapie nicht förderlich ist. Und schließlich vermischen sich bei den Spitzenleuten der Wirtschaft ihre persönlichen Erkrankungen mit der gesellschaftlichen Gerechtigkeitsdebatte.


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