Eine „Währungsreform der Illusionen“ sieht in der „taz“ (27.1.2010) der Publizist Matthias Greffrath heraufziehen und macht klar: „Wir sind Roland Koch“. Hier Auszüge aus seinem Leitartikel:
…viele haben sich an das „angenehme Leben von Hartz IV gewöhnt“, das ihnen die „leistungsorientierte Mittelschicht“ spendiert. Deshalb muss man die … zu vielen nun zu „gemeinnütziger“, … „niederwertiger“ Arbeit zwangsverpflichten… Die Frankfurter Sonntagszeitung klärte … die Leistungsgemeinschaft darüber auf, dass sie eine „nie erwerbstätige alleinerziehende Mutter“ … mit 455.000 Euro an Transferleistungen „umsorgt“…
So hetzt man die Armen auf die noch Ärmeren. Aber mit dem Abscheu vor dem semantischen Schaum der populistischen Profis ist uns ebenso wenig geholfen wie mit dem Hinweis, dass nicht der Sozialstaatsgedanke, sondern das Lohngefüge pervers ist…
Die Zeit wäre reif für eine Währungsreform der Illusionen, denn mit dem Arbeitsmarkt ist es wie beim Klima: je später man der Wahrheit ins Gesicht sieht, … desto teurer die Notbremsung.
Dreißig Jahre … haben alle Regierungspartienen der Anstieg der Arbeitslosigkeit mit der … Hoffnung auf Wiedergeburt des Wachstums verdrängt und nicht in Infrastrukturen, Bildung und Demokratie investiert. Dreißig Jahre lang haben Gewerkschaften … kapituliert und die Politik der Arbeitszeitverkürzung aufgegeben, die hundert Jahre der Weg zur Vollbeschäftigung und Lohnsicherung war…
Der marktradikale Flügel der Sozialdemokratie hat mit seiner Steuerpolitik, mit … Privatisierungen …, der Verwahrlosung der Bildungsinstitutionen, der Entfesselung der Arbeitsmärkte, den übergang von der nivellierten Mittelstandsgesellschaft zum Dreiklassensystem mit Hartz IV notariell besiegelt…
Es gibt Vorstellungen, was Not täte, aber weit und breit kein Geld, kein Gestaltungswille – und keine Debatte über die Gestalt des Sozialstaats in einer Zukunft ohne umverteilungsträchtige Wachstumsraten. Keine Debatte – das ist falsch. Sie findet statt, nur nicht in den Leitmedien … und im Parlament… Zwei Drittel … der Bürger finden den Status quo ungerecht, sind für Mindestlohn und Rücknahme der Privatisierungen, für massive Investitionen in Bildung, Ökologie, Klimaschutz, angetan von der Idee der Umverteilung der Arbeit…
In der Wirtschafts- und Sozialwissenschaft wird dem Bruttosozialprodukt als Wohlstandsindex von Nobelpreisträgern und Staatspräsidenten der Abschied gegeben – das bleibt … im Feuilleton stecken. Wertkonservative wie Meinhard Miegel fordern, symposiumsvereint mit liebertären Sozialsiten wie Jacob von Uexküll Investitionslenkung, mehr Gleichheit von Vermögen und Einkommen, Arbeitsumverteilung…
Gegenentwürfe sind zuhauf da … die Kochs aller Fraktionen haben nur ein Ass in der Hand…: bei dem Aufbruch, den wir uns so mühelos denken können, werden wir, die … halbwegs gut verdienende Mittelschicht mehr opfern müssen als Zeit und den Verzicht auf dreimal Easy-Jet. Mit Reichensteuer allein ist es nicht getan.
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