1968 waren fast ein Viertel der Jura-Professoren an westdeutschen Universitäten Arbeitsrechtler, sind es heute nur noch 4 Prozent (2009). Das fand die Politikprofessorin der Uni Bochum, Britta Rehder, in einer Studie über die inhaltliche Entwicklung der Arbeitsrechts-Diskussion heraus.
Der Abbau der Professuren für Arbeitsrecht hat Folgen: War in Deutschlands Rechtswissenschaft lange unumstritten, was in den 1920er-Jahren von Hugo Sinzheimer entwickelt wurde – dass nämlich der Arbeitnehmer bei Abschluss eines Arbeitsvertrages „unfreier“ ist als sein Arbeitgeber (weil der Beschäftigte auf den Job angewiesen ist und deswegen im Zweifelsfall auch Bedingungen akzeptiert, die er nicht möchte) – setzt sich jetzt mehr und mehr das bürerlich-liberale Vertragsrechts-Lager durch, das von gleichgewichtigen Verhandlungspartnern ausgeht.
Das hat Folgen: Gewerkschaften, Tarifverträge, Streiks sind unter Druck. Manche Vertragsrechtler und die Politiker, die ihnen folgen, meinen dann, der Arbeitnehmer hat ja die Wahlfreiheit, wenn sein Arbeitgeber von ihm verlangt, auf Lohn zu verzichten, um den Arbeitsplatz zu behalten. Die Sicht des Arbeitsrechtlers, dass hier einer keine Wahl hat, weil er aus Angst vor Arbeitsplatzverlust alles mögliche akzeptiert, ist auf dem Rückzug.
Quelle: taz 11.4.2011
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