Im „Dossier“ der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“ (16.7.2009) wird erklärt, wie sich Deutschlands Stadtkämmerer bei ihren Cross-Border-Leasing-Geschäften (CBL) in der Finanzkrise verzockten.
Kern der Geschäfte war nämlich nicht – wie allgemein angenommen – das bis 2004 vom US-amerikanischen Staat steuerbegünstigte Leasingmodell für Müllverbrennungsanlagen, Rathäuser und Wasserwerke. Der wahre Kern der 1000-seitigen Geheimverträge in englischer Sprache, die Bürgermeister unterschrieben, waren sogenannte Spread-Ladder-Swaps – Wetten gegen die finanzierende Bank (oder den Versicherer AIG), dass eine bestimmte Zinsdifferenz eintritt.
Die politisch Verantwortlichen der Stadt Hagen verzockten so 50 Millionen Euro – das Jahresgehalt von 1400 Erzieherinnen. Den Verlust machten CDU-Stadtkämmerin Annekathrin Grehling und SPD-Oberbürgermeister Peter Demnitz mit einer 170-Millionen-Euro-Zinswette, die die Deutsche Bank gewann.
Nach Hagen folgen Remscheid (19 Millionen) und Neuss (10 Millionen) in der Hitliste der Verluste nordrhein-westfälischer Kommunen bei Zinswetten.
Das „Zeit-Dossier“ prangert auch an, dass sich Staatsanwaltschaften weigern, strafrechtlich gegen die verantwortlichen Kommunalpolitiker zu ermitteln, die die CBL-Geschäfte in den Kommunalparlamenten durchpaukten. Und der Artikel zeigt auch die Ursache für die riskante Zockerei mit öffentlichem Vermögen: Die Steuerreform der Regierung Schröder, die in den Jahren 2002 und 2003 Milliardenbeträge an Gewerbesteuern an Firmen zurückzahlen mussten – in München allen 500 Millionen, davon 90 Millionen an die Hypo Vereinsbank. Weil außerdem die Gewerbesteuern dauerhaft ausblieben wurden die Kämmerer zum Zocken geradezu gezwungen.
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