Kein Geld für Arbeitnehmer

In Irland stiegen in den Jahren 2000 bis 2008 die Lohnkosten um 23,7 Prozent (preisbereinigt). Britische Arbeitnehmer kosteten ihre Arbeitgeber am Ende dieses Zeitraums 19,4 Prozent mehr, Holländer 9 Prozent und selbst bei den Franzosen waren es noch 0,3 Prozent. Billiger wurde es für Arbeitgeber in diesen acht zurückliegenden Aufschwung-Jahren in Österreich (beide -0,9), Italien (-1,3), Spanien (-6,9) und als „Spitzenreiter“ in Deutschland. Das hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ermittelt (DIW) und daraus den Schluss gezogen, dass der vergangene Aufschwung komplett an den Arbeitnehmern vorbei gegangen ist. Seit 2004 gingen die Realllöhne in Deutschland sogar deutlich zurück, während die Einkommen aus Kapitalanlagen und die Gewinne von Selbständigen boomten. Der Anteil der Arbeitsentgelte in Deutschland am Volkseinkommen, die sogenannte Lohnquote, sank seither von 67,1 auf 61,1 Prozent (in den Jahren seit 1991 hatte er zwischen 65,4 und 67,5 Prozent geschwankt). Das ist ein historischer Tiefststand

Das DIW hält auch nicht hinter dem Berg mit den Gründen dafür, warum der Aufschwung kein Plus für die Arbeitnehmer brachte: Zum einen sind seit 2003 die Sozialabgaben nur für die Beschäftigten gestiegen, während die Arbeitgeber entlastet wurden – die so genannten „Lohnnebenkosten“ sind also entgegen der Unternehmerpropaganda deutlich gesunken – und zum anderen ist es die Dauer-Schwäche der deutschen Gewerkschaften. In Zeiten geringen Wachstums gelingt es den Arbeitgebern, unter Verweis auf die Arbeitslosigkeit bei wenig Qualifizierten die Forderung aller Arbeitnehmer nach Lohnerhöhung abzuwehren. Die Lohnsteigerungen lagen insgesamt unter der Inflationsrate.

Außerdem kommt bei den Arbeitnehmern immer weniger von ihrem Lohn an: Die Belastung mit (direkten) Steuern und Sozialabgaben liegt für sie bei über der Hälfte der vom Arbeitgeber aufzuwendenen Lohnkosten (dagegen haben die Kapitalbesitzer und die Selbstständigen deutlich mehr „Netto“ vom „Brutto“).

Dass in der aktuellen Krise die Tarifabschlüsse über der Inflationsrate liegen und die Arbeitnehmerbringt für DIW-Arbeitsmarktexperte Karl Brenke übrigens nicht für alle Arbeitnehmer etwas – da etwa Kurzarbeiter kein Lohnplus haben. Dass in der Krise auch die Lohnquote wieder steigt, weil die Unternehmensgewinne einbrechen, hält er übrigens für ein vorübergehendes Phänomen, das typisch für den Beginn einer Rezession sei.

Quellen: Frankfurter Rundschau, Süddeutsche Zeitung 13.8.2009


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