Die „Süddeutsche Zeitung“ (12.8.2009) hat sich ein wenig mit den Theorien des russischen Ökonomen Nikolaj Kondratieff (1892-1938) befasst. Dieser teilte die Wirtschaft in „lange Zyklen“ ein, die jeweils etwa 50 Jahre dauern. Am Anfang sind diese Zyklen bestimmt von neuen Erfindungen (1787 Dampfmaschine und Spinnmaschine, 1843 Eisenbahn und Stahlschmelze, 1898 Elektrizität und Chemieindustrie, 1949 Automobil und Computer). Am Ende der Zyklen stehen jeweils große Wirtschaftskrisen mit Massenarbeitslosigkeit.
Mit dem Bild der Jahreszeiten teilte Kondratieff seine Zyklen nach dem Verhalten der Kapitalanleger ein: In neue Technologien wird investiert, weil sie eine hohe Rendite versprechen. Durch die neuen Technologien steigt die Produktivität der Unternehmen, ihre Kosten sinken, ihre Gewinne steigen. Es wird investiert und neue Arbeitsplätze entstehen. Der Inflationsdruck ist gering, weil auch die Nachfrage wächst. Das ist der „Frühling“ im „langen Zyklus“ – in Deutschland war dies in der Nachkriegszeit bis in die 1960er-Jahre der Fall. Im „Sommer“ brummt die Wirtschaft und die Anleger beginnen, unrealistisch hohe Gewinnerwartungen zu hegen. Doch die Inflationsgefahr steigt: Rohstoffe und Gold werden teurer, Aktienrenditen sinken aufgrund hoher Zinsen – in Deutschland die Phase von 1966 bis 1982, in der Aktionäre nichts verdienten. Es folgt der „Herbst“, in dem die Regierungen die Inflation bekämpfen. Wirtschwaftswachstum und fallende Zinsen treiben die Aktienkurse auf Rekordhöhe, durch Schulden entstehen Kreditblasen. Doch an den Aktien- und Finanzmärkten wird kräftig übertrieben – bis in den gesättigten Märkten die Nachfrage einbricht und die Finanzblasen platzen. Seit 2000, mit dem Platzen der New-Economy-Blase herrscht im aktuellen Kondratieff-Zyklus „Winter“ – auch wenn die Notenbanken immer wieder durch billiges Geld versuchen, in den „Herbst“ zurückzukehren. Doch der Kollaps der Wirtschaft ist unaufhaltsam: Die Renditen auf die gewaltigen Kapitalmengen können nicht mehr erwirtschaftet werden, Firmen gehen Pleite, die Massenarbeitslosigkeit steigt, Investitionen werden zurückgestellt, die Preise sinken. Die Deflation ist da! Und die dauert bis eine neue Basis-Erfindung den Zyklus in einen neuen „Frühling“ führt.
Kondratieff musste für seine Theorie übrigens mit dem Leben bezahlen – denn er sagte voraus, dass der Kapitalismus keineswegs am Ende sei – was den sowjetischen Diktator Stalin veranlasste, den Wissenschaftler umbringen zu lassen.
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