Prima Autoklima

Nicht nur bei der ökonomisch und ökologisch fragwürdigen Abwrackprämie setzt die Autoindustrie auf das altbekannte „Weiter so!“. Auch bei den Autoklimaanlagen wird das alte Muster, das vor allem dem shareholder value nützt wieder einmal deutlich. Wieder einmal geht es um die Einführung einer umweltfreundlicheren Technik im Fahrzeugbau. Wieder einmal verspricht die Industrie eine „freiwillige“ Lösung – diesmal bis 2011 -, die nicht gehalten wird. Und wieder knicken die Politiker ein und lassen zu, dass der Klimaschutz auf das Jahr 2017 vertagt wird – mindestens!

Worum es geht: Ab 2011 sind in der EU Kältemittel verboten, die ein „Global Warming Potential“ (GWP) von mehr als 150 haben (was bedeutet, dass diese Stoffe das Klima mit mehr als dem 150-fachen von Kohlendioxid – CO2 – belasten). Seit einer gemeinsam von Greenpeace und Coca Cola vorangetriebenen technischen Entwicklung gibt es eine klimafreundlichere Alternate – eben das sonst so schädliche CO2 mit seinem GWP-Wert von nur 1. Und diese Geräte sind nunmehr nahezu einsatzreif in Automobilen – kosten allerdings bis zu 150 Euro mehr als jetzige Geräte (die den Benzinverbrauch um einen Liter pro 100km erhöhen – was 20 Gramm CO2 pro Kilometer entspricht und außerdem noch weiter 7 Gramm wegen Leckagen ausstoßen).

Und jetzt kommen die Chemiekonzerne DuPont und Honeywell ins Spiel. Sie bieten anstelle des seit dem Montreal-Vertrag gegen die Zerstörung der Ozonschicht verwendeten ozonunschädlichen aber klimaschädlichen Kältemittels R134a das hochbrennbare 1234yf an, das sich in herkömmlichen Autoklimaanlagen fast ohne technische Veränderungen verwenden lässt – und der EU-GWP-Grenze entspricht. Prima sagt da die Autoindustrie (wegen der Brennbarkeit des Gases sogar gegen den ADAC) und schiebt das Kohlendioxid (R744) auf die lange Bank.

So war es bei der Einführung des Katalysators, so ist es gerade bei der Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes für Neuwagen (zur Erinnerung: Schon 2008 hat die Autoindustrie 140 Gramm CO2 pro Kilometer versprochen und nicht gehalten), und so ist es bei den Autoklimaanlagen – von denen es schon heute 400 Millionen weltweit gibt. 400 Millionen Klimaanlagen, deren Klimaschädlichkeit auf 1/150stel reduziert werden könnte – wenn die Politik sich endlich einmal gegen die Auto- und Chemielobby durchsetzen würde.

Quelle: DIE ZEIT Nr. 21 vom 14.5.2009


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